Das Haus und seine Geschichte

Am 27. November 1981 wurde in Bayreuth in der nordbayerischen Provinz ein Haus für Kunst und Wissenschaft gegründet. Es nahm vorweg, was an anderen Orten der Welt erst Jahrzehnte später gewagt wurde: Ein selbstkritisches Museum als Raum der Begegnung mit Werken und Künstler_innen. Gegründet wurde das Iwalewahaus auf Einladung der Universität Bayreuth von Ulli Beier, Kulturwissenschaftler, und Georgina Beier, bildende Künstlerin. Gemeinsam gestalteten sie das Profil der ersten Jahre, zu dem ganz zentral das Künstler_innenresidenzprogramm gehörte. Sie waren es auch, die dem Museum für moderne und zeitgenössische Kunst mit Afrikabezug den programmatischen Namen „Iwalewa-Haus“ gaben. „Iwalewa“ bedeutet auf Yoruba `Charakter ist Schönheit´. Seit 2013 trägt die Institution den Titel „Iwalewahaus“.

Im gleichen Jahr bezog das Iwalewahaus seine neue Residenz in der Wölfelstraße 2. Mit Keller und Dachboden verfügt das Gebäude über 2.300m² Büroräume sowie Ausstellungs- und Archivflächen. Zuvor hatte das Iwalewahaus zwischen 1981 und 2013 sein Domizil in der ehemaligen Markgräflichen Münze, einem denkmalgeschützten Sandsteinbau aus dem 18. Jahrhundert.

Im Mittelpunkt: Die Sammlung

Das Iwalewahaus wurde zum weltweit ersten Museum, das zu undisziplinierten Begegnungen mit Kunst und Künstler_innen, Ästhetik, Wissenschafts- und Alltagskultur einlädt. Herzstück des Hauses und treibende Kraft der Arbeit waren und sind die Sammlungen: Begründet durch die Privatsammlung Ulli Beiers wuchs sie über die Jahrzehnte zu einer der bedeutendsten institutionellen Sammlungen im Bereich der afrikanischen Moderne an. Leihgaben aus Bayreuth reisten von Beginn an zu Ausstellungen nicht nur nach Paris, Plauen und Prag.

Sammlungs- und Forschungs- schwerpunkte

Die von Ulli Beier begonnene Sammlung war zunächst nicht auf Afrika beschränkt sondern umfasste auch Werke der Outsider Art u.a. aus Indien, Papua Neuguinea und Australien. Neben der Kunst aus Oshogbo sammelte Beier auch Werke der Nssukka School aus Nigeria, sowie Arbeiten aus Karthum, Maputo und anderen Orten Afrikas. Die Ausrichtung von Haus und Sammlung orientierte sich auch in der Folgezeit an Interessen und Forschungsschwerpunkten der Leitung. Im Fall von Ronald Ruprecht, der das Haus von 1985 bis 1989 leitete, lag dieser im Senegal und im damaligen Zaire. Nach ihm übernahm erneut Ulli Beier bis 1996 die Leitung des Iwalewahaus. Der Schwerpunkt seines Nachfolgers Till Förster lag auf der Kunstethnologie; regional erweiterte er die Sammlung um Kunstwerke aus Côte d'Ivoire. Tobias Wendl widmete sich in seiner Leitungszeit von 2001 bis 2010 der Medienkunst sowie der Populärkultur. Während seiner Leitung wuchs die Videosammlung stark an. Unter der Leitung von Ulf Vierke und Nadine Siegert verlagerte sich die Sammlungstätigkeit zur Kunst aus Ostafrika und dem lusophonen Afrika. Während ihrer Leitungszeit wurde das Residenzprogramm wieder aufgegriffen und die tatsächliche Arbeit mit Sammlung und Archiv zu Arbeitsschwerpunkten.

Das Haus und seine Gäste

Von Anfang an war das Iwalewahaus ein wichtiger Teil des Afrikaschwerpunkts der Universität Bayreuth. Seit den 1980er Jahren gingen von hier Impulse für Wissenschaft und gesellschaftliche Diskussionen aus. Und von Anfang an waren weltbekannte Künstler_innen und Wissenschaftler_innen nicht nur zu Gast am Iwalewahaus, sondern hier zu Hause. Dazu zählten aus dem Bereich der afrikanischen Moderne etwa der Nobelpreisträger Wole Soyinka oder Chinua Achebe als weiterer Schriftsteller, die bildenden Künstler Muraina Oyelami, Obiora Udechukwu, Ibrahim El Salahi, Antonio Ole oder der Komponist Akin Euba; im Bereich der zeitgenössischen Kunst sind es Musiker_innen wie Spoek Mathambo, bildende Künstler_innen wie Syowia Kyambi, Delio Jasse, Ndidi Dike, Peterson Kamwathi, Uche Uzorka und Sam Hopkins oder der Modedesigner und Künstler Emeka Alams.

Das Iwalewahaus als Museum

Der damals verwendete Begriff Museum bereitete Ulli Beier allerdings zeitlebens Unbehagen. Er trat energisch gegen ein Museum als Objektbewahrungsanstalt ein. Beier ging es um mehr: die Teilhabe möglichst vieler an der Produktion von Kunst.

„Wir haben dieses Haus Iwalewa getauft, weil wir hier nicht die Exotik fremder Kulturen präsentieren wollen. Wir wollen uns hier nicht nur mit der formalen Schönheit fremder Kunstgegenstände befassen, wir wollen versuchen, ihre wahre Identität, ihr Iwa zu begreifen.“

Ulli Beier

Für das, was die Beiers erträumten und mit dem Iwalewahaus umsetzten, kam in den 1990er Jahren der Begriff Kontaktzone auf. Und genau das ist das Iwalewahaus bis heute: Ein Raum der Auseinandersetzung mit Kunst in Theorie und Praxis.

Das Iwalewahaus arbeitet zeitgemäß im Sinne seiner Anfänge: Als offenes, zugängliches Haus für Kunstproduktion, in deren Mittelpunkt die Gastkünstler_innen und die Sammlung stehen. Es versteht sich als Institution in der Gegenwart, die die Zukunft entlang seiner Leitlinien „Archiv - Kunst-Utopie" bereits im Blick hat.

Leiter_innen & Wissenschaftliche Assistent_innen

Leiter_in

Assistent_in

1981-1985

Ulli Beier

1981-1985

Wolfgang Bender

1985-1987

Ronald Ruprecht

1985-1988

Helke Kammerer-Grothhaus

1987-1997

Ulli Beier

1989-1992

Norbert Aas

1995-1998

Claudia Savelsberg

1997-2001

Till Förster

1998-2005

Peter Probst

2001-2010

Tobias Wendl

2005-2010

Ulf Vierke

2010-

Ulf Vierke

2010-2011

Anna Schrade

2011-

Nadine Siegert