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#75 Objekt des Monats: Alaro von Ṣàngódáre Gbádégẹsin Àjàlá
Dezember 2024
© Foto: Iwalewahaus
Alaro von Ṣàngódáre Gbádégẹsin Àjàlá (1948-2021)
1980. Nigeria. Wachsbatik
Der nigerianische Literatur-Nobelpreisträger Wole Soyinka hat mir das Yoruba Universum eröffnet, in dem die unterschiedlichen Kunst- und Kulturformen vor einem religiösen Hintergrund organisch ineinanderfließen.
Stellvertretend dafür habe ich aus der beeindruckenden Sammlung des Iwalewahaus bewusst das Werk „Alaro“ von Ṣàngódáre Gbádégẹsin Àjàlá ausgewählt. Es handelt sich um ein textiles Kunstwerk, das in der Yoruba Tradition der Wachsbatik mit verschiedenen natürlichen Färbekräutern hergestellt wurde. Es ist ein ungemein „sprechendes“ Werk, das innerhalb eines mehr als zehn unterschiedliche Farben umfassenden Spektrums Teile seines eigenen Entstehungsprozesses in der resist-dyeing-Technik zeigt: Personen, die unter freiem Himmel in Segmenten abgebundene Tücher in verschiedene Farbbäder eintauchen, und die so gefärbten Stoffe zur endgültigen Entfaltung der Farbreaktion und zum Trocken an Ästen eines Baumes aufhängen. Das Werk „erzählt“ somit bildhaft die Geschichte seiner eigenen Entstehung. Der Werktitel sagt genau das auch in Yoruba-Sprache aus. „Alaro“ bedeutet Stofffärber.
Wo ist aber das eingangs thematisierte, religiöse Sujet? Die Spiritualität ist hier weniger im Werk selbst als vielmehr in der ausführenden Person zu finden. Der Künstler wurde als Shango-Priester verehrt. Der (Bei)Name Shangodare deutet auf seine Verbindung zur Yoruba-Gottheit „Shango“ hin, den Gott des Feuers, Blitzes, des Donners und der Gerechtigkeit.
2024 wurde eine Auswahl der Werke Shangodares erstmals bei der 60. Biennale in Venedig gezeigt. Die älteste Kunstschau der Welt stand unter dem Motto „Stranieri ovunque“ („Foreigners everywhere“ / „Fremde überall“). In Venedig waren Werke Shangodares im Haupthaus der Gardini direkt neben Indigo-Batik Werken (Adire) Susanne Wengers (1915-2009) zu finden. Die aus Österreich stammende Künstlerin hatte sich in Nigeria zur anerkannten spirituellen Persönlichkeit und Priesterin entwickelt. Sie fühlte sich insbesondere der Gottheit „Oshun“, der Göttin des Wassers und der Fruchtbarkeit, sowie der Bewahrung der ihr geweihten heiligen Stätten verpflichtet. Der Heilige Hain der Göttin Oshun am Rande der Stadt Osogbo, Nigeria, wurde 2005 in die Liste der UNESCO-Weltkulturerbe aufgenommen. Wenger nahm Shangadore in ihr Haus auf und bezeichnete ihn als Adoptivsohn, um ihrer künstlerischen, spirituellen und persönlichen Nähe Ausdruck zu verleihen. Im Yoruba-Universum ist - wie hoffentlich nachvollziehbar dargestellt - alles im Fluss und miteinander verwoben, wie die Fäden von „Alaro“.
Angela Danner
Leitung Servicestelle Presse,
Marketing und Kommunikation der Universität Bayreuth